Wie gestaltet man die agile Transformation?
Prof. Dr. Olaf Bach
Konfrontiert mit der Digitalisierung und der Bedrohung durch neue Wettbewerber mit innovativen Geschäftsmodellen, werfen viele etablierte Unternehmen einen neuen Blick auf ihre Organisation. Meist auf die effiziente Ausführung des Kerngeschäfts und inkrementelle Innovationen getrimmt, fehlt klassischen Organisationsstrukturen häufig die Beweglichkeit, um schnelle, wettbewerbsfähige Antworten auf disruptive Bedrohungen zu finden.
Innovationen im Bereich agiler Organisation setzen der klassischen Hierarchie neue Designs entgegen, die verstärkt auf Teamstrukturen, Selbstorganisation und geteilte Plattformen setzen. Im Zuge vielfältiger Experimente werden hergebrachte Funktionsbausteine der Organisation wie Führungsrollen, das Berichtswesen und Entscheidungsprozesse differenziert und neu gedacht. Die Kunst ist es dabei, dezentrale Agilität und skalierbare Strukturen in eine funktionierende Balance zu bringen.
Auch wenn sich noch kein dominantes Paradigma etabliert hat, zeigen sich in innovativen Modellen wie etwa Holacracy, Formen der Netzwerkorganisation oder dem Innovationsfeld der agilen Methoden verschiedene Grundmuster, die den Aufsatzpunkt für neue Kombinationen und wertschöpfungsgerechte, für den jeweiligen Kontext angepasste Designs bilden können. Anstatt beispielsweise automatisch von der Figur des Managers auszugehen, die sämtliche Führungsfunktionen in einer Rolle vereint, wird in agilen Setups das Management von Einheiten in verschiedene Rollen mit jeweils klar abgegrenzten Aufgaben und Entscheidungsbefugnissen differenziert. Man nehme die Trennung in «Lead Link», «Rep Link», «Facilitator» und «Secretary» im Holacracy-Modell oder die Unterscheidung von «Task Product Owner», «Chapter Lead», «Tribe Lead» und «Agile Coach» beim schwedischen Musik-Start-up Spotify, dessen Modell von der niederländischen Grossbank ING übernommen wurde. Ziel dieser Differenzierung ist es vor allem, wertschöpfungsnahe Handlungsfähigkeit herzustellen und längliche Abstimmungsprozesse über mehrere Hierarchiestufen zu vermeiden. Diesen Modellen stehen gleichzeitig klar festgelegte Regeln und zentrale Plattformen – insbesondere zur Informationstransparenz – gegenüber, die strategische Kohärenz gewährleisten. Ausdifferenzierte «Prozessspezialisten» wie Agile Coaches oder Scrum Master (im agilen Entwicklungsprojekt) stellen dabei die modellkonforme Prozessführung sicher und sämtliche Rollen bedienen klar definierte Schnittstellen.
Immer wird die konkrete Ausgestaltung des Modells und des Wandelprozesses vom spezifischen Marktkontext und der Wertschöpfungskonstellation abhängen müssen. Auch der Anlass der Veränderung kann variieren: etwa ob eine Transformation Top-Down getrieben wird oder eher aus lokalen, später dann skalierten Experimenten resultiert – für beides gibt es erfolgreiche Beispiele.
Die von unserem Mitglied Prof. Dr. Olaf Bach gegründete Business-Design-Plattform Management Kits [www.managementkits.com] hat ein Vorgehensmodell zur agilen Transformation entwickelt, welches es Unternehmen in einem Action-Learning-Ansatz erlaubt, neue Organisationsmodelle zu entwerfen und die Transformation zu führen. Mehr Informationen.