Ein Kommentar von Günther Illert, Strategy Coach und Gründer des Netzwerks der Healthcare Shapers
Die Digitalisierung verändert den Beratungsmarkt viel nachhaltiger, als den meisten Beratern heute bewusst ist. Zwar meinen alle großen Beratungsfirmen, ihre Kunden bei der digitalen Transformation beraten zu können, sehen aber kaum eine ernstzunehmende digitale Bedrohung für das eigene Geschäft.
Disruption ist ein Begriff, den Clayton Christensen, ehemaliger BCG-Berater und heute Innovationsguru an der Harvard Business School, geprägt hat. Er postuliert, dass sich Branchen vor allem dadurch verändern, dass einfache Angebote, die einen bestimmten Kundennutzen günstiger erfüllen als die angestammten Lösungen, immer besser werden, bis sie schließlich alltags- und breitentauglich sind. Und während tradierte Wettbewerber durch weitere Verfeinerung ihrer umfassenden Lösungen versuchen, diesem Trend Einhalt zu gebieten, gewinnen die günstigen und innovativen Geschäftsideen zunehmend an Bedeutung. Disruptive Beispiele sind vielfältig und reichen von der Musikbranche über die Konsumgüterelektronik bis hin zum Hotel- und Taxigewerbe.
In der Beratungswelt ist es nicht anders. Aber viele Beratungshäuser sind nach wie vor gefangen im schönen Glauben an schwindelerregende Tagessätze und rechtfertigen diese mit der Kraft ihrer Marke oder der rigorosen Auswahl ihrer exzellenten und auf Linie getrimmten Berater. Schließlich, so wird argumentiert, sei Beratung immer eine Vertrauenssache, die auf Menschen und persönlichem Kontakt basiere und nicht „commoditized“ würde.
Natürlich nutzen auch klassische Unternehmensberatungen den Segen der Digitalisierung. Während früher Horden junger Analysten ganze Bibliotheken in langen Nachtschichten durchgekämmt und ihre „Findings“ in schicken Powerpoints abgebildet haben, welche dann durch die Seniorpartner eloquent präsentiert wurden, lassen sich heute relevante „Insights“ bereits mit wenigen Klicks über das Smartphone aus dem Internet gewinnen. Immer mehr spüren so auch die großen Strategieberater, dass ihre „Jugend-Forscht-Beratungsmodelle“ heute nicht mehr funktionieren.
Denn in der Beratungswelt sind heute zunehmend entweder echte Experten gefragt oder aber erfahrene Prozessbegleiter, die das bei den Kunden vorhandene Wissen zutage fördern und nutzbar machen. Der generalistische Rund-um-Berater hingegen hat ausgedient.
Vor diesem Hintergrund konnten sich virtuelle Beratungsfirmen wie etwa XLIRCLE etablieren, die nicht über fest angestellte Berater verfügen, sondern auf einen Stamm von hochspezialisierten Freiberuflern zurückgreifen — ganz nach dem Motto: nur die besten für die jeweilige Kundenanfrage.
Begünstigt wird diese Entwicklung durch zwei Trends. Zum einen sind dies veränderte Karriereeinstellungen der Berater. Wichtiger als Titel und Gehalt sind für freiberuflich tätige Berater meist die Selbstbestimmung und die Work-Life Balance. Zum anderen spielt die Digitalisierung eine wichtige Rolle bei der Vermarktung des eigenen Profils. Was mit professionellen Netzwerken wie LinkedIn oder Xing begann, wird heute durch Registrierung auf Plattformen wie XLCIRCLE oder ähnlichen noch verstärkt: als Freiberufler wird man sichtbar und erhält Zugang zu potenziellen Auftraggebern. Die erfahrenen Freiberufler sind meist nicht nur in einem, sondern bei mehreren derartiger Plattformen registriert und warten in der Regel opportunistisch auf sich ergebende Projektanfragen.
Im Markt für derartige virtuelle Beratungsfirmen zeichnen sich grob zwei Kategorien ab. An einem Ende des Spektrums stehen die typischen Personalvermittler, oft stammend aus der Branche der Zeitarbeit. Gerade in Bereichen mit klar definierten Spezifikationen, etwa Kenntnissen einer Programmiersprache, funktioniert dieses Modell recht gut. Firmen mit diesen Wurzeln versuchen mehr und mehr auch in den Markt der klassischen Managementberatung vorzudringen, tun sich aber schwer dabei. Ergebnis sind oft weit gestreute, unklare Suchanfragen und eine reine „CV-Schieberei“ für einzelne zu besetzende Positionen bei meist niedrigen Tagessätzen. Als freiberuflicher Strategieberater lässt man besser seine Finger davon. Am anderen Ende der Skala virtueller Beratungen stehen Spin-Offs großer Strategieberatungen, die ein klassisches Beratungsmodell verfolgen und idealerweise ganze Projektteams besetzen. Da diese Firmen keine eigene Personalentwicklung betreiben und somit nur einen geringen Overhead finanzieren müssen, können sie ihren Kunden vergleichsweise günstigere Raten anbieten. Als Freiberufler bekommt man, je nach Ausprägung dieses Modells, eine verträgliche bis gute Rate.
Zwischen diesen beiden Polen tummeln sich viele Plattformen und versuchen einzelne Aspekte wie etwa den Suchalgorithmus für das Staffing, die Bindung der Berater an die Plattform oder die Preisfindung für den Auftraggeber zu optimieren. Die Differenzierung ist schwierig, denn die grundsätzliche Herausforderung für den Erfolg liegt zum einen immer im Zugang zu potenziellen Auftraggebern und zum anderen in der Sicherstellung der Qualität des angebotenen Beraterpools. Und beides ist schwierig, wenn es keinen Fokus auf entweder ein funktionales Fachgebiet oder eine Branche gibt.
Hier setzt das Netzwerk der Healthcare Shapers (www.healthcareshapers.com) an. Mit unseren über 50 sorgfältig ausgewählten Experten sind wir heute bereits eine der größten virtuellen Beratungs-Practices in der Gesundheitsbranche in Deutschland. Weltweit verfügen wir über ein Netzwerk von über 350 assoziierten Experten. Wir positionieren uns bewusst nicht als Projekt- oder Beratervermittlungsbörse, sondern sind ein aktiver Verbund unabhängiger Berater mit tiefer Expertise in fast allen Facetten des Gesundheitsökosystems. Unser Netzwerk lebt vom gegenseitigen Vertrauen und dem persönlichen Austausch der Partner untereinander. Was uns eint, ist unsere Überzeugung, dass auf Dauer die Gesundheitssysteme nur funktionieren, wenn der Patient mit seinen Bedürfnissen in den Mittelpunkt gerückt wird. An der dazu notwendigen branchenweiten Veränderung wollen wir mit unserer geballten Kompetenz und Energie mitwirken.
Healthcare Shapers sind in ihrem Fach nicht nur äußerst kompetent (alle verfügen über langjährige Berufserfahrung und hohe Reputation in ihrer Arbeit), sondern darüberhinaus durch gemeinsame Werte geprägt. Wir denken unternehmerisch und handeln pragmatisch und ergebnisorientiert. Und vor allem begeistern wir uns für unsere Arbeit.
Wir kooperieren mit Plattformen wie XL Circle aus zwei Gründen. Natürlich wollen wir uns für Fachthemen in der Gesundheitswirtschaft positionieren. Aber auf der anderen Seite wollen wir uns für große Transformationsprogramme wappnen, die wir alleine nicht stemmen könnten. Denn wir sind überzeugt, dass die digitale Disruption in der Beratungswelt voll in Gange ist und wir mit vernetzten Beratungsangeboten ein größeres Stück vom Kuchen des heute noch von großen Firmen dominierten Beratungsmarktes holen können.
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Günther Illert (www.g-illert.de) arbeitet seit 2011 selbständig als Strategy Coach. 2013 hat er das Netzwerk der Healthcare Shapers ins Leben gerufen. Nach Berufseinstieg in der Konsumgüterbranche und 25 Jahren als Strategieberater, darunter Leiter des Life Sciences-Bereichs bei Capgemini Consulting, hat er weit mehr als 100 Transformationsprojekte begleitet.